Von Beruf bin ich Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin.
Ich habe meine Berufswahl meiner Mutter zu verdanken, da ich mich in meiner Jugend nicht entscheiden konnte und nicht wusste was mich interessierte. Sie stellte mich vor die Wahl entweder in die
Köchin/Kellnerin Karriere oder im Sozialen Beruf Karriere zu machen.
Ich entschied mich für den sozialen Bereich.
Meine Ausbildung mit Diplomabschluss absolvierte ich in Zwettl und danach aus verliebten Gründen begann ich in Baden bei Wien zu arbeiten. Die Liebe hielt und nach einem Jahr wechselte ich nach
Wien. Ich begann in Krankenhäusern zu arbeiten, wo ich das erlernte Wissen nach der Ausbildung umsetzen und vertiefen konnte.
Nach vier Jahren zog es uns wieder mehr ins Ländliche, raus aus der Stadt Wien.
Stockerau wurde zur neuen Heimat, welche es bis heute noch ist.
Der Wunsch eine Familie zu gründen war groß und so kam es zu einer Arbeitspause, der Tausch zu einer stolzen und
überglücklichen Mutter. Ich blieb insgesamt 6 Jahre zu Hause bei meinen drei Kindern, da es in meiner Zeit noch keine Teilzeitarbeit gab.
Ich hatte wieder Sehnsucht zu arbeiten und begann im Landespflegeheim in meiner Heimat. Dort konnte ich vormittags arbeiten und nachmittags für meine Kinder Dasein.
Nach zwei Jahren musste ich feststellen, dass ich für eine Vollzeitarbeit noch nicht bereit war. Außerdem erfüllte mich die Arbeit nicht mehr, da ich die Menschen nicht in ihrer Ganzheit
kennenlernen konnte und auch nicht dessen Familien, die eher am Nachmittag auf Besuch kamen und ich so nicht in Kontakt mit ihnen kam.
Ich hörte zu arbeiten auf und entschloss mich in die Hauskrankenpflege zu wechseln. Hier erfuhr ich ein neues, spannendes Arbeiten. Zu den Familien nach Hause zu gehen und sie in ihrer Individualität und in ihren unterschiedlichsten Lebensweisen zu pflegen und zu betreuen hat mir sehr gefallen. Keine Familie gleicht der anderen, das machte diese Arbeit so besonders und nie langweilig. Auch die Kreativität, die die Menschen zu Hause entwickelten war sehr bereichernd für mein Arbeitsverständnis, meine Arbeitsweise und mein Lernen.
Ich erlebte in dieser Zeit ein einschneidendes Erlebnis, da ich einen Autounfall hatte und mir Lendenwirbelbrüche zuzog und für drei Monate ein Mieder tragen musste.
Von nun an musste ich mich mit mir, meinem Körper und den körperlichen Anforderungen, die mein Arbeitsalltag erforderte auseinandersetzen. Ich wurde vor die Frage gestellt: "Kann ich
weiterarbeiten und trotzdem auf meine eigene Gesundheit achten?" In dieser Zeit lernte ich, im Zuge einer Weiterbildung, Kinästhetik kennen. Ich war fasziniert von diesem Fachgebielt, ich bekam
wieder Hoffnung und meine Sorgen wurden immer kleiner, ich konnte meinen Beruf weiterleben und musste ihn nicht aufgeben. Nach fünf guten Jahren kam es zum Führungswechsel in der mobilen
Hauskrankenpflege und es wurden die Strukturen geändert, die für mich nicht mehr stimmig waren und ich verabschiedetete mich von der Hauskrankenpflege.
Ich hatte schon immer den Wunsch in einem Hospiz zu arbeiten und dieser Wunsch wurde mir erfüllt. Ich durfte weiter lernen und mir mehr Wissen in der Krankenpflege im Begleiten von Menschen bis
zum Lebensende aneignen.
Auch in dieser Zeit begegnete mir die Kinästhetik. Ein weiterer Grundkurs folgte und danach war ich nicht mehr zu bremsen, ich wollte eindeutig mehr über Kinästhetik lernen. Mein Feuer war
entfacht, ich absolvierte einen Aufbaukurs, eine einjährige Trainerausbildung zur Stufe 1 und ein weiteres Jahr zur Trainerausbildung Stufe 2, die mir erlaubt Grundkurse für Pflegepersonal zu
halten und mein erlerntes Wissen weiterzugeben.
Die erste Trainerausbildung veränderte mich selbst in meiner Bewegungswahrnehmung, in meiner eigenen Entwicklung. Ich merkte immer mehr, dass sich meine Arbeitsweise veränderte, dass ich auf der
Suche war, was hilft dem Menschen in seinem eigenen Bewegen, wie kann ich den Menschen ein unterstützendes Angebot machen, dass er selbst mittun kann? Wie kann ich einen Menschen in seiner
Position so unterstützen, dass er die Möglichkeit hat sich zu bewegen? Faszinierend war, dass ich immer etwas Neues entdeckte, dass es nie gleich war. Ich nahm wahr, dass auch Menschen, die nicht
mehr reden konnten, sich über berühren und bewegen sich selbst mit bewegen konnten. Meine Wahrnehmung wurde viel feiner, ich nahm Unterschiede wahr, ich merkte, dass meine Angebote meist
hilfreich waren, und konnte durch die gemeinsamen Bewegungserfahrungen die Menschen intensiver in ihrer Bewegung wahrnehmen und so auch individueller unterstützen. Die Bewegung wurde zu meiner
Art der Kommunikation. Wenn ein Mensch immer schwächer wird, werden Worte weniger, doch manchmal gab es auch Worte und wenn ich ein Lächeln von dem Menschen bekam, war das das Highlight des Tages
in einem Hospiz. Im Hospiz war ich die Einzige, die sich für Kinästhetik so sehr interessierte und ich bekam, die Möglichkeit, wenn ich Kinästhetik leben möchte die Arbeit zu wechseln. Da es mein
Wunsch war tat ich das.
Zum Abrunden meiner Hospizzeit besuchte ich einen einjährigen interdisziplinären Palliativlehrgang. Ich suchte erneut Arbeit im Hospizbereich, aber ich wurde nicht fündig.
Für mich wurde Kinästhetik zu einem wichtigen Teil meiner Arbeit und ich hatte das immer in meinen kommenden Arbeitsstellen geäußert, leider konnten die Arbeitgeber wenig damit anfangen und ich war noch nicht in der Lage es so zu formulieren, dass Sie mein Arbeitsverständnis auch zu ihrem Verständnis entwickeln konnten. Im Mobilen Palliativteam machte ich die Erfahrung, dass mir der direkte pflegerische Kontakt zu den Menschen fehlte. Das hauptsächliche Beraten erfüllte mich nicht. Ich wechselte wieder meine Arbeit.
Ich durfte ein Jahr an einem Projekt in der privaten Hauskrankenpflege in meinem Bezirk mit Einbezug von Buurtzorg mitarbeiten. Das Modell gefiel mir. Es forderte sehr viel Selbstverantwortung
und ein gemeinsames Entscheiden als Team. Das Besondere am Modell Buurtzorg ist, dass das Pflegeteam hauptsächlich aus Fachpersonal besteht und alles selbst organisiert. Das bedeutet keine
Leitungen über dem Team, sondern Gleichberechtigung, arbeiten auf Augenhöhe. Das Team ist für die Aufnahme von Kunden und Personal verantwortlich, für die Gestaltung der Dienstpläne, die
Dokumentationen, Rechnungen legen und noch vieles mehr. Nicht nur die Organisation unterschied dieses Modell von der mir bisher bekannten Hauskrankenpflege, sondern auch die Arbeitsweise. Kein
Leistungsarbeiten, sondern bedürfnispersonenorientiertes Arbeiten.
Das „Wir“-Gefühl als Team braucht Zeit, Verständnis, Begleitung und ist sehr sensibel.
Die neuen organisatorischen Erfahrungen ergänzten mein pflegerisches Fachwissen und mein Wunsch, den ich schon lange in mir trug, selbstständig zu sein, schien mir näher als je zuvor. Ich wollte
die Arbeitsweise vom Buurtzorg Modell weiterleben, konnte mich aber von Kinästhetik nicht trennen, was wiederrum einen Abschied zur Folge hatte.
Ich bin jetzt seit 2020 in der häuslichen Pflege selbstständig mit dem Fachgebiet Kinästhetik, das meine Basis für mein Arbeiten ist. Meine Leidenschaft in der häuslichen Pflege und die
Zusammenarbeit mit den pflegenden Angehörigen haben mich motiviert eine weitere Ausbildung zu machen, damit ich auch Grundkurse in Kinästhetik für pflegende Angehörige halten kann.
Es war mir auch wichtig, dass ich auch pflegende Angehörige begleiten kann, da sie für mich sehr wichtige Personen sind, ohne sie könnte der gepflegte Mensch nicht zu Hause leben.
Ich durfte ältere Menschen zu Hause bis zum Sterben begleiten. Es war mir eine Ehre sie für ein paar Jahre zu begleiten und die Erfahrung machen zu dürfen, dass es keine Altersgrenze gibt, um
Bewegungskompetenz zu lernen. Ich konnte erleben, dass Menschen bis fast zuletzt, ihren Alltag lebten und nicht ausschließlich im Bett waren, sondern auch durch das Kennen der eigenen Bewegung
sogar neue Möglichkeiten ergaben.
Ich erlebte, dass Menschen, wenn sie sensibel in ihrer Bewegungswahrnehmung sind, nicht Wundliegen, sondern sich anpassen können.
Weiteres stellte ich fest, dass ich die Betreuungszeit nicht erhöhen musste. Das bedeutet Begleitung einmal täglich, blieb einmal täglich bis fast zuletzt. Außer wenn der Mensch krank ist oder
Hilfe bedarf.
Ich durfte Menschen pflegen, die Bewegung verlernt haben und mich gemeinsam mit ihnen auf die Suche machen.
Die Erfahrung eines Kunden nach zwei Jahren seinen nicht beweglichen Arm wieder bewegen zu können war sein Verdienst. Ich habe das Wissen aus der Kinästhetik und nutze meine Bewegungskompetenz, um Menschen im gemeinsamen Bewegen und Berühren sich selbst wahrnehmen zu können. Bewegungswahrnehmung bedeutet ich nehme meine Muskelan- und entspannung im eigenen Bewegen oder im geführten Bewegen über meinen eigenen Körper wahr. Das ist die Grundlage, meiner Arbeit.
Die Wiederholungen machen es möglich, dass der Mensch mit der Zeit selbst beginnt seine Muskeln anzuspannen und auch wieder entspannen zu können.
Wir lernen langsam, aber wenn wir üben und dranbleiben, dann ist vieles möglich.
Ich begleite Menschen im Wachkoma, die genauso wieder lernen können ihre Muskeln selbst zu steuern.